Wildtier-Lexikon

Gänsegeier

Steckbrief, Systematik, Aussehen, Fortpflanzung, Entwicklung, Lebensweise, Verhalten und Ernährung. Hätten Sie's gewusst?

Gänsegeier
© roswitha wesiak / Fotolia

Steckbrief

  • Körperlänge: Weibchen: 97 - 104 cm, Männchen: 97 - 114 cm
  • Gewicht: Weibchen: 5 - 11 kg, Männchen: 5 - 11 kg
  • Lebenserwartung: 40 Jahre
  • Verbreitung: Südeuropa, Nordafrika
  • Lebensraum: Gebirge
  • Artbestand: ca. 50.000

Systematik

  • Klasse: Vögel
  • Ordnung: Greifvögel
  • Familie: Habichtartige
  • Gattung: Gyps
  • Art: Gänsegeier (Gyps fulvus)

Aussehen

 

Der Gänsegeier ist mit einer Flügelspannweite von fast drei Metern ein sehr großer Geier. Sein schwerer Körper wird etwa einen Meter lang. Männchen und Weibchen unterscheiden sich kaum. Die Federn des Gänsegeiers sind grau bis graubraun, am Hals und am Kopf hat er keine Federn. Der Halsansatz ist nackt und blau gefärbt. Der lange, gänseartig aussehende Hals ist jedoch mit feinen, hellen Dunen bedeckt, der hintere Teil trägt eine längere, helle Krause aus Daunen. Der Kopf ist klein, der Schnabel hat eine braune Farbe, Spitze und Ansatz sind gelb. Die Augen des Gänsegeiers sind mittelgroß, die Iris ist gelbbraun gefärbt. Die langen Flügel sind breit, der Schwanz ist kurz und eckig. Die kräftigen Füße sind braungrau und mit großen, spitzen Krallen versehen.

Fortpflanzung und Entwicklung

Gänsegeier paaren sich im Frühling. Das Männchen wirbt am Boden um ein Weibchen. Haben sich zwei Partner gefunden, bleiben sie ein Leben lang zusammen. Sie teilen sich alle Aufgaben rund um die Aufzucht. Nestbau, Brut und Fütterung des Nachwuchses sind Gemeinschaftsarbeit. Gänsegeier bauen ihre Nester in Höhlen und Nischen an steilen Felswänden. Ein solcher Horst kann einen Durchmesser von bis zu einem Meter haben und wird mit Gras und Blättern ausgepolstert. Im März legt das Weibchen in der Regel ein ovales Ei, das weiß mit schwachrosa Flecken ist. Etwa 50 Tage nach der Eiablage schlüpft das Küken. Das Jungtier hat sehr feines, helles Gefieder. Gänsegeier sind Nesthocker. Das Küken bleibt die ersten fünf bis sechs Monate ausschließlich im Nest. Die Eltern füttern es mit unverdauter Nahrung. Im Sommer verlässt das Jungtier das Nest. Es wird jedoch noch bis in den September hinein von den Eltern gefüttert. Erst dann trennt es sich von ihnen. Mit vier bis sechs Jahren werden die jungen Gänsegeier geschlechtsreif.

Lebensweise und Verhalten

Gänsegeier sind sehr gesellige Tiere. Zur Brutzeit finden sich oft Kolonien von über hundert Tieren zusammen, die friedlich nebeneinander brüten. Außerhalb der Brutzeit haben die Geier kein festes Revier. Sie fliegen bei der Nahrungssuche so hoch, dass sie Artgenossen nicht in die Quere kommen. Hat ein Gänsegeier Aas gefunden, dauert es jedoch oft nicht lange, bis weitere Artgenossen dazukommen. Meist läuft das gemeinsame Mahl bis auf kleinere Streitereien friedlich ab. Gänsegeier sind tagaktiv. Nachts ruhen sie in der Gesellschaft von Artgenossen, tagsüber gehen sie auf Nahrungssuche. Gänsegeier brauchen Anlauf, um sich in die Luft zu schwingen. Sie sind elegante Flieger, die kaum ihre Flügel bewegen müssen, um in der Luft zu bleiben.

Ernährung

Gänsegeier sind Aasfresser, sie ernähren sich ausschließlich von toten Tieren. Ein Gänsegeier greift niemals ein lebendes Tier an. Er frisst jedoch sowohl Tiere, die gerade erst gestorben sind, als auch solche, die bereits verwesen. Zu seinen Beutetieren gehören beispielsweise Ziegen und Hasen. Der Gänsegeier nimmt nur das Muskelfleisch und die Eingeweide zu sich. Mit seinem kräftigen Schnabel kann er auch dicke Haut gut entfernen, um an seine Nahrung zu kommen. Der lange, schmale Hals ermöglicht es dem Geier aber auch, durch natürliche Körperöffnungen des Opfers an das Fleisch und die Eingeweide zu gelangen.

Hätten Sie's gewusst?

Gänsegeier haben keine natürlichen Feinde. Schon seit Langem stellt jedoch der Mensch eine Gefahr für ihn dar. Früher wurde Jagd auf den Geier gemacht, da man ihn der Jagd auf Vieh beschuldigte. Auch vergiftete Köder, die für Wölfe bestimmt waren, wurden ihm zum Verhängnis. Heute bereitet ihm vor allem das karge Nahrungsangebot Probleme. Als die Menschen ihre Tiere in den Bergen noch auf Weiden hielten, hat sich der Geier von den Kadavern verunglückter Tiere ernährt. Inzwischen sind Nutztiere fast ausschließlich in Ställen untergebracht und so für den Gänsegeier als Nahrung ausgeschlossen.

 

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