Kabeljau

200 Jahre lang machte dieser Fisch rund 60 Prozent des gesamten europäischen Fischverzehrs aus. Bis zur Katastrophe vor der Küste von Neufundland.

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© Hans Ulrich Rösner

Früher wurde er "Brot-und-Butter-Fisch" genannt. Kabeljau gab es in rauen Mengen, er war einer der wichtigsten Nutzfische überhaupt. Forscher vermuten, dass ohne ihn die Besiedelung Amerikas durch Christoph Kolumbus nicht möglich gewesen wäre: Damals entdeckten die Portugiesen, dass sich Kabeljau durch Einsalzen haltbar machen lässt. Er war der perfekte Proviant-Fisch. Daraufhin ernährten sich die Seeleute in der Neuen Welt hauptsächlich von Kabeljau.

200 Jahre lang machte dieser Fisch rund 60 Prozent des gesamten europäischen Fischverzehrs aus. Und niemand konnte sich vorstellen, dass er jemals knapp werden könnte. Bis zur Katastrophe vor der Küste von Neufundland: Die dortigen Kabeljaubestände waren die größten weltweit – und brachen plötzlich vollständig zusammen. 20.000 Fischer verloren über Nacht ihre Arbeit. Die wirtschaftlichen Verluste für die kanadische Fischerei betrugen 700 Millionen Euro pro Jahr.

Heute ist Kabeljau eine Rarität. Sein Schicksal ist symptomatisch für die gesamte Fischerei. Mehr als drei Viertel der Fischbestände sind gefährdet. Der Grund für das Massensterben im Meer ist jedoch nicht nur die Überfischung. Jedes Jahr werden mehrere Millionen Tonnen Meereslebewesen tot oder schwer verletzt zurück ins Meer geworfen. Sie landen als ungewollter Beifang in den Fischereinetzen und müssen, auch aufgrund unsinniger Fischereigesetze, wie Müll "entsorgt" werden.

Es ist absurd: Während manche Fischkutter nach Kabeljau suchen, werfen andere ihn weg. Bei der Fischerei auf Kaisergranat etwa fallen mehr als 50 Prozent Beifang an – ein Großteil davon Kabeljau, der nicht angelandet wird. Auch Schildkröten, Wale und Delfine werden auf diese Weise sinnlos getötet. Der WWF kämpft an allen Fronten, damit diese maßlose Verschwendung ein Ende hat. In Brüssel fällt die Entscheidung. Dort soll im Winter ein neues Beifang-Gesetz entstehen.

Werden jedoch weiterhin mehr Fische aus dem Meer gezogen, als nachwachsen können, dann steht bald eine der wichtigsten Nahrungsquellen vor dem Aus. Für den Kabeljau ist es schon fast zu spät. Von den Millionen Eiern, die ein Kabeljau-Weibchen legt, müssen nur zwei zu erwachsenen Tieren heranwachsen, damit die Population stabil bleibt. In den letzten 30 Jahren hat die Fischerei selbst das nicht zugelassen.

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