Was tun bei Zweifeln am Tierarzt?

Oft stehen Tierhalter vor der Frage, was sie tun können, wenn sie vermuten, dass ihr Tierarzt bei der Behandlung ihres Tieres einen Fehler gemacht hat und ob sie gegebenenfalls juristisch dagegen vorgehen können. Wir haben den Juristen und ehemaligen Geschäftsführer der Bundestierärztekammer Eberhardt Rösener zu dieser Thematik befragt.

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Zweifeln Sie an der Behandlung Ihres Hundes?© gamelover-stock.adobe.com

Wenn Sie ein schlechtes Gefühl mit Ihrem Tierarzt haben, Sie sich nicht gut beraten oder verstanden fühlen oder Sie Ihren Tierarzt als nicht so kompetent einschätzen, sollten Sie in Erwägung ziehen, den Tierarzt zu wechseln. Es ist wichtig, dass Sie sich bei Ihrem Tierarzt wohlfühlen und ihm vertrauen. Das ist die Grundlage für eine optimale Behandlung Ihres Tiers. Wenn es allerdings schon zu spät ist und Sie den Verdacht haben, dass Ihr Tierarzt bei einer Behandlung einen Fehler gemacht hat, könnten folgende Fragen für Sie interessant sein:

Was kann der Tierhalter tun, wenn er das Gefühl hat, sein Tier wird/wurde falsch behandelt?

Eberhardt Rösener: Das Wichtigste ist, dass Sie zunächst mit der  Tierärztin/dem Tierarzt über die Behandlung sprechen und beiden Seiten die Möglichkeit geben, Missverständnisse auszuräumen. Falls dies erfolglos sein sollte, steht dem Tierhalter selbstverständlich gegenüber Forderungen des Tierarztes der Rechtsweg offen. Darüber hinaus oder stattdessen kann man sich mit einer Beschwerde an die zuständige Tierärztekammer des Bundeslandes wenden. Die Anschriften etc. der Tierärztekammern finden Sie unter www.bundestieraerztekammer.de. Die Tierärztekammern sind bereit, eine Klärung zwischen der Praxis und dem Tierhalter herbeizuführen.

Gibt es offizielle Gutachter, an die man sich wenden kann?

E. R.: Zu allen tierärztlichen Fachfragen gibt es selbstverständlich geeignete Gutachter, die jedoch, wie in anderen medizinischen Berufen auch, nicht offiziell zugelassen werden müssen. Jeder Tierarzt/jede Tierärztin kann als Gutachter vor Gericht tätig sein.

Was braucht er für ein Gutachten?

E. R.: Diese Frage kann so pauschal nicht beantwortet werden und richtet sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles.

Kann der Tierarzt die Bezahlung der Rechnung einfordern, wenn erwiesenermaßen eine Fehldiagnose bzw. eine falsche Behandlung vorliegt?

E. R.: Dieser Fall ist eher unwahrscheinlich. Wenn die Fehldiagnose bzw. eine falsche Behandlung erwiesen sind, wird der Tierarzt in der Regel nicht auf eine Bezahlung der Rechnung bestehen. Ob der Patientenbesitzer zur Zahlung der Rechnung verpflichtet ist, kann letztlich nur gerichtlich geklärt werden. Wenn ein berechtigtes Interesse nachgewiesen wird, ist der Tierarzt auch zur Herausgabe von Kopien der Patientenunterlagen verpflichtet. Dieser Anspruch kann notfalls gerichtlich durchgesetzt werden, aber in vielen Fällen kann auch hier die Tierärztekammer auf Landesebene vermitteln.

Kann der Besitzer bei Fehldiagnosen Schadensersatz verlangen?

E. R.: Ja, wenn ein Schaden, d. h. ein Vermögensschaden, entstanden ist und ein Verschulden des Tierarztes gegeben ist.

Muss die Rechnung bezahlt werden, auch wenn das Tier bei der Operation verstorben ist?

E. R.: Der Vertrag zwischen Tierarzt und Tierhalter ist ein so genannter Dienstvertrag, d. h. der Tierarzt schuldet nicht die erfolgreiche Behandlung, sondern nur die sorgfältige Behandlung nach den Regeln der tierärztlichen Kunst. Jeder Eingriff bei einem Tier ist mit einem gewissen Risiko verbunden, das bei jeder Art der Operation sehr unterschiedlich sein kann. Der Tod eines Tieres infolge einer Operation kann also auch ohne Verschulden des Tierarztes eingetreten sein. In diesen Fällen bleibt der Anspruch auf Honorar erhalten.

Wer kommt für erforderliche Nachbehandlungen auf?

E. R.: Wenn es sich um einen Behandlungsfehler des Tierarztes handelt, ist dieser schadensersatzpflichtig. Der Ersatz des Schadens kann auch in der Erstattung der Kosten einer erforderlichen Nachoperation bestehen.

Wieso zahlt man bei verschiedenen Tierärzten für die gleiche Behandlung unterschiedliche Honorare?

E. R.: Nach § 2 der Gebührenordnung für Tierärzte, einer bundeseinheitlichen Verordnung, kann die einzelne Leistung nach dem Einfachen bis Dreifachen des Gebührensatzes berechnet werden. Welchen Satz der Tierarzt wählt, hängt von den besonderen Umständen des einzelnen Falles ab, insbesondere der Schwierigkeit der Leistungen, des Zeitaufwandes, des Wertes des Tieres sowie der örtlichen Verhältnisse. Dieser Ermessensspielraum führt zwangsläufig zu unterschiedlichen Gebührenerhebungen.

Ist der Tierarzt verpflichtet, ein Tier nach seinem Tod an den Tierhalter herauszugeben?

E. R.: Ja, doch Vorsicht! Es gibt Gesetze zur Beseitigung von Tierkörpern, die beachtet werden müssen. Da ist es oftmals einfacher und billiger, den Tierkörper in der Praxis zur ordnungsgemäßen Abholung zu belassen. Viele Praxen können auch eine würdige Bestattung oder Verbrennung vermitteln. Eine Mitnahme des verstorbenen Tieres zu Beweiszwecken, z. B. zur Obduktion, ist m. E. nur in Ausnahmefällen zu empfehlen.

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