Reportage

Immer an meiner Seite

Knapp acht Millionen Deutsche gehen täglich ins Büro. Dennoch kann nur ein Bruchteil der Arbeitnehmer seinen Hund mit an den Schreibtisch nehmen. Dabei hat es viele Vorteile, wenn Mensch und Vierbeiner zusammen arbeiten.

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Hund Teddy mit zur Arbeit nehmen: Für Sabine Sillis ist das möglich. © Fressnapf Holding SE/Yvonne Ploenes

Teddy ist verrückt nach Peter“, schwärmt Sabine Sillis. Teddy heißt eigentlich Theodora und ist ein 18 Monate alter Coton de Tulear, der Sillis jeden Tag ins Büro begleitet. Für ihn ist der Arbeitsplatz ein Spielparadies. Neben Schreibtisch, Konferenzecke und Regalen gibt es nämlich Körbchen, Bällebad, Kuscheldecke, Quietschies und Spieltau. Und es gibt Peter Luickhardt, der sich mit Sabine Sillis das 20-m2-Büro teilt. Ein „Ersatzvater“ für Teddy, wie die Leiterin des Kundenservices betont. Arbeiten in einer Führungsposition und sich dennoch liebevoll und ohne schlechtes Gewissen um den Hund kümmern zu können, ist ein „Glücksfall“, wie sie sagt – und es ist das erste Mal in ihrer Karriere, dass sie die Möglichkeit hat, ein Haustier mit zur Arbeit zu nehmen. 

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Gemeinsames verbringen die Hunde viele Mittagspausen. © Fressnapf Holding SE/Yvonne Ploenes

Tier am Arbeitsplatz: Regeln müssen sein

Dass Sillis das so sieht, zeigt: Tiere am Arbeitsplatz, das ist auch heute noch immer keine Selbstverständlichkeit. Aktionstage wie „Kollege Hund“ sollen das ändern ebenso wie Initiativen, die tierfreundliche Arbeitgeber auszeichnen. Bei Fressnapf, Europas größter Fachhandelskette für Tiernahrung und -zubehör, wo Sabine Sillis angestellt ist, sind Tiere quasi Teil der Firmen-DNA.

Seit Gründung des Krefelder Unternehmens vor knapp 30 Jahren sind Vierbeiner herzlich willkommen. Es gibt eine eigene Hundewiese mit vielen Bäumen und einer Wasserstelle auf dem Gelände der Unternehmenszentrale, Kotbeutel werden gratis bereitgestellt, „Malheur-Eimer“ sorgen für Hygiene, wenn doch mal was daneben geht. 

120 Hunde gibt es im Unternehmen, bei rund 1200 Mitarbeitern eine stolze Quote. „Um das Zusammenleben und -arbeiten zu regeln, sind alle Tiere versichert und geimpft“, erklärt Unternehmenssprecher Kristian Peters-Lach. „Zudem ist ein Knigge erstellt worden, in dem z. B. klar definiert wird, wo Hunde gern gesehen sind: Büros ja, im Tagungszentrum, den Waschräumen und der Kantine nicht. Arbeitet in einem Büro ein Tierhaar- Allergiker, darf der Hund nicht mit – oder es werden bestenfalls Arbeitsplätze getauscht. Türschutzgitter zeigen jedem Mitarbeiter, in welchen Büros Hunde eingezogen sind.“ 

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Auch Lotta von Annika Wester fühlt sich im Büro wohl. © Fressnapf Holding SE/Yvonne Ploenes

Eingewöhnung: Startschuss zum Bürohund

„Diese Regeln sind sehr gut, so weiß jeder Bescheid, was erlaubt ist und was nicht. Es geht ja auch darum, dass sich alle wohlfühlen – ob mit Hund oder ohne“, sagt Marketing-Managerin Juliane Behrle (30). Sie hat ihren Labrador-Mischling Louis (5) täglich bei der Arbeit dabei. Louis ist nicht der einzige Hund, der in diesem Viererbüro sein Körbchen aufgestellt hat – er teilt sich die 25 m2 mit vier Mitarbeitern und dem mallorquinischen Mischling Hermann (8). Die beiden Hunde sind ein Herz und eine Seele, stehen sogar auch auf der Hundewiese füreinander ein, wenn sich mal Ärger mit anderen anbahnt. Ein Dreamteam, ohne Frage. 

Aber das war nicht von Anfang an so. „Beide sind starke Charaktere, die sich erst einmal aneinander gewöhnen mussten“, erklärt Kathleen Lorenz (33), die ebenfalls im Marketing arbeitet und Hermann als „Ersatzmama“ betreut, wenn Frauchen Veronika Schon (35) nicht im Büro ist. „Hermann ist kleiner, aber auch älter – und er nimmt sich mehr raus. Das zu akzeptieren war für Louis anfangs schwierig, es hat einige Zeit gedauert, bis wir die beiden allein im Büro gelassen haben.“ 

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Juliane Behrle und Kathleen Lorenz unterstützen sich gegenseitig mit ihren Hunden. © Fressnapf Holding SE/Yvonne Ploenes

Mehr Bewegung: Bürohunde machen gesund

Etwas gemütlicher lässt es der Goldendoodle Holly (5) angehen. Sie begleitet Frauchen Petra Heidlberger (51) nur ab und zu an ihren Schreibtisch im Cross-Channel-Marketing-Büro. Meistens tobt Holly sich zu Hause im weitläufigen Garten aus, denn Heidlbergers Mann arbeitet im Homeoffice. Doch wenn er beruflich unterwegs ist, kommt Holly mit zu Fressnapf. Für sie ein Highlight, denn natürlich gibt es in der Firma jede Menge Freunde zu begrüßen und neue Gerüche zu erschnuppern.

„Für Holly ist es ein echtes Abenteuer, wenn sie mich begleiten darf. Und ich komme viel mehr an die frische Luft. Statt in die Kantine zu gehen, drehe ich mittags mit ihr eine Runde im Greiffenhorstpark ums Eck. Das tut uns beiden gut“, berichtet sie lachend. 

Der Park ist beliebter Gassi-Treffpunkt für alle Bürohunde – auch Willi (10) und Andrea Götzken (40) sind dort oft unterwegs. Der Labrador-Münsterländer-Mix ist drei- bis viermal die Woche im Zehnerbüro mit dabei, wo die POS-Kommunikation untergebracht ist. Hier tummeln sich bis zu vier Hunde, eine trubelige Sache also. „Wenn einer der Hunde, ein junger Rüde, in Rauflaune ist, toben er und Willi sich auch mal kurz aus“, berichtet Götzken. „Aber die meiste Zeit bleibt jeder in seinem Bereich.“ Leben und leben lassen, ein Motto, das nicht nur für die Zusammenarbeit der Menschen im Büro gilt, sondern auch für die Tiere. 

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Holly relaxt bei Frauchen Petra Heidlberger. © Fressnapf Holding SE/Yvonne Ploenes

Voraussetzung: Verständnis und Respekt 

Nicht jeder ist gleich, aber wenn man diese Charakterunterschiede respektiert und sein eigenes Verhalten danach ausrichtet, klappt das Miteinander. So sieht das auch Annika Wester, die mit ihrer Golden-Retriever-Hündin Lotta (8) ebenfalls im Zehner-Großraumbüro arbeitet, ihr Bereich ist der Einkauf. Allerdings hat Westers Erdgeschoss-Büro den Luxus einer eingezäunten 6-m2-Terrasse, auf der Lotta an heißen Tagen gerne im Schatten döst. 

„Ich kann sie auch alleine im Büro lassen, die Kollegen haben gerne ein Auge auf sie“, berichtet die 32-Jährige, die ihren Hund seit ihrem Job-Start vor 1,5 Jahren dabeihat. Zudem gibt es drei weitere Spielgefährten: Ein Labrador, ein Chihuahua und ein Australian Shepherd sind mit im Büro. Damit Lotta einen Ausgleich zum Büroalltag hat, ist mittags Auslauf mit Planschen angesagt. Was geruchstechnisch manchmal ziemlich intensiv werden kann. „Wenn Lotta mal riecht, sagt aber niemand etwas – aber natürlich merke ich, wenn jemand das Fenster aufmacht, nachdem sie an dem Platz vorbeigelaufen ist“, lacht Annika Wester. 

Fenster auf: Regelmäßig durchlüften

Ein Mittagsbad nimmt auch Einstein (4) liebend gern. Mit seiner dichten Unterwolle ist der Spanische Wasserhund danach auch nicht unbedingt von Rosenduft umhüllt. Doch Frauchen Stephanie Tepaß (29) muss sich dennoch keine Sorgen machen, dass ihr Tierschutzhund bei den Kollegen im Category Management Minuspunkte sammelt. Denn die sind echte Hundefans, obwohl ihr Team sich beruflich um das Wohl einer anderen Tierart kümmert: Sie arbeiten im Katzen-Nassfutter-Bereich. Als Tepaß ihren Einstein in den ersten Wochen im Job noch zu Hause ließ, fragten sie direkt: „Wann kommt er denn endlich zu uns ins Büro?“ 

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Einstein von Stephanie Tepaß liebt die Hundewiese. © Fressnapf Holding SE/Yvonne Ploenes

Bürohunde senken das Stresslevel

Reaktionen wie diese sind natürlich nicht in jedem Unternehmen zu erwarten. Bei Fressnapf arbeiten überwiegend Menschen, die Tiere gern haben – das ist nicht überall so. Zudem ist die Firma groß und verfügt über die Kapazitäten, um die Basis für ein gutes Miteinander zu schaffen. Im Gewerbegebiet bieten sich mehr Möglichkeiten als in der Innenstadt. 

Nichtsdestotrotz ist eine gelungene Mensch-Tier- Job-Beziehung in erster Linie eine Frage des Wollens der Verantwortlichen. Zahlreiche Studien belegen, dass Hunde (bzw. Tiere generell) am Arbeitsplatz eine positive Wirkung haben, und zwar in unterschiedlichen Bereichen, wie der Verein Bürohunde e. V. zusammengetragen hat:

  • Burn-out-Prävention
  • Stress-Management
  • Mitarbeiter-Bindung
  • Gesundheitsförderung
  • Motivationssteigerung

Und natürlich haben auch die Hunde etwas davon: Statt allein zu Hause zu sein oder zwischen mehreren Bezugspersonen hin- und herzupendeln, verbringen die Tiere viel Zeit mit ihren engsten Vertrauten. Und auch diejenigen, die selbst keinen Vierbeiner haben, profitieren von der Nähe zum Tier: „Holly bringt uns runter“, sagen die Büro-Kolleginnen von Petra Heidlberger und dem Goldendoodle. „Sie tut der Seele gut.“ 

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